Jazz - Clifford Jordan Quartet - Glass Bead Games
Der fünfte Teil der Dolphy Serie, "Glass Bead Games", ist wohl das Kronjuwel der Strata East Bewegung, einem amorphen Genre, das einen ungewöhnlichen Weg zwischen Post-Bop, 70er Jahren Avantgarde und spirituellem Jazz mit Groove ging. "Glass Bead Games" ist voller Offenbarungen auf vielen Ebenen. Erstens, das Jahrzehnt
Der fünfte Teil der Dolphy Serie, "Glass Bead Games", ist wohl das Kronjuwel der Strata East Bewegung, einem amorphen Genre, das einen ungewöhnlichen Weg zwischen Post-Bop, 70er Jahren Avantgarde und spirituellem Jazz mit Groove ging. "Glass Bead Games" ist voller Offenbarungen auf vielen Ebenen. Erstens, das Jahrzehnt der 1970er Jahre brachte wirklich kreative, 'menschliche' neue Musik hervor, die aus dem Jazz-Mainstream hervorging; zweitens war Bill Lee mehr als Spike's Vater: Er war ein Bassist der Superlative, ein Teamplayer erster Klasse, ein mächtiger Katalysator, der es eigentlich verdient, bekannter zu sein als sein Sohn; drittens war Billy Higgins, wie so viele Musiker betonen, ein einmaliger Schlagzeuger - der Funke, der die kollektive Flamme zündet.
Am wichtigsten war, dass Clifford Jordan ein Künstler ersten Ranges war, sein Spiel so mühelos und ungezwungen, unbefangen und konzentriert, reif und weise, dass in einer wütenden Zeit es kein Wunder ist, dass seine authentische Stimme oft ungehört blieb. Seine musikalische Rhetorik ist so persönlich ausdrucksstark, ihre Substanz so überzeugend, dass es dem Zuhörer nicht weniger wichtig ist, welche außergewöhnliche Technik nötig ist, um seine fesselnde Botschaft zu vermitteln. Im Vergleich zu einigen seiner gefeierten Kollegen ist er weniger aggressiv, hat aber paradoxerweise mehr direktiven und gestaltenden Einfluss. Die Höhepunkte werden nicht ausbuchstabiert, sondern lediglich vorgeschlagen und wirken sich tief und nachhaltig auf den Hörer aus. Es kommt darauf an, die Sprache zu verstehen, diese kostbaren kleinen Perlen. Nicht jeder Musiker, auch Jordan oder der Zuhörer nicht, kann ein Shakespeare sein, aber alle können lernen, Shakespeare zu lesen und seine Prinzipien der Beliebigkeit und Glückseligkeit, der Invarianz und Transformation zu verstehen.
Jordan, nicht weniger als Shakespeare, benötigt gleichgesinnte Mitspieler - in diesem Fall vier Musiker mit so viel Erfahrung, dass jeder von ihnen sich dafür einsetzt, die Perlen im Spiel zu halten. Er ist weder ein Mann, der sich mit einem bloßen musikalischen 'Dialog' mit seinen Musikerkollegen begnügt, noch wird er die Initiative ergreifen, seine Truppen auf sein Niveau zu bringen. Stattdessen beginnt er, eine musikalische Geschichte zu erzählen, die so überzeugend ist, dass seine drei Kameraden gleichermaßen inspiriert sind, zu einer gemeinschaftlichen Erzählung beizutragen. Das ist brillantes Musizieren eines Coltrane-beeinflussten Nachfolgers, der sich nicht verpflichtet fühlt, das Vorbild zu imitieren. Diese LP kann das bedeutendste Saxophonspiel seit Coltrane sein und, sofern der Zuhörer für längere Zeit dabei bleibt, das zutiefst zufriedenstellendste. Jordans Spiel - so mühelos, ungezwungen und 'auf Augenhöhe' - löscht die Unterschiede zwischen komponiert und improvisiert, Solist und Ensemble, Erzähler und Erzählung, Tänzer und Tanz.
Clifford Jordan (ts); Stanley Cowell, Cedar Walton (p); Bill Lee, Sam Jones (b); Billy Higgins (dr)
Weitere Angaben:
Publikationsdatum: 2022-04-06 14:12:40
Tonträgertyp: 180g Vinyl, Doppel-LP
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