Blues - The Dirty Dozen Brass Band - What’s Going On

2006, genau ein Jahr nach "Katrina", in der Zeit nach der bösen Naturkatastrophe, die sowohl die Inkompetenz der Infrastuktur der Stadt, die den Beinamen Crescent City trägt, zeigte, als auch die des Armeekorps, der Ingenieure und der Bundesregierung, in dieser Zeit also widmete sich die Dirty Dozen Brass Band der Tragödie in der
2006, genau ein Jahr nach "Katrina", in der Zeit nach der bösen Naturkatastrophe, die sowohl die Inkompetenz der Infrastuktur der Stadt, die den Beinamen Crescent City trägt, zeigte, als auch die des Armeekorps, der Ingenieure und der Bundesregierung, in dieser Zeit also widmete sich die Dirty Dozen Brass Band der Tragödie in der einzigen Art und Weise, die sie kennen, indem sie die gleiche Art von Verwirrung und Wut wiedererschufen, die Marvin Gaye 1971 fühlte und ausdrückte, dadurch, dass sie ihre eigene Interpretation von Gaye's Klassiker "What's Goin' On" vorstellten. Das ist eine Frage, die sich als umso schmerzlicher erweist, wenn man die Anstrengungen - zu dem Zeitpunkt, als diese Aufnahme veröffentlicht wurde - einer ganzen Region betrachtet, die sich nicht nur bemüht, Wohnhäuser und Geschäfte wiederaufzubauen, sondern versucht, eine Kultur zu bewahren.
The Dirty Dozen rekrutierte etliche Sänger, um bei den tragenden Songs auszuhelfen. Ausschnitte von Ansprachen vom Bürgermeister von New Orleans, Ray Nagin, nach dem Hurrikan bilden die Einleitung für die Blechbläser, die an den dunklen, funkigen Zwischentönen von Gayes Titelmelodie entlanggleiten. Die Gitarristen Doug Bossie und Ben Keeler wühlen sich in den Groove, genau so wie Schlagzeuger Terence Higgins und der Keyboardspieler und Produzent Anthony Marinelli, während Chuck D den Refrain rappt bezogen auf die Zeitgeschichte und die Katastrophe sowie die Unfähigkeit bzw. sogar Feindseligkeit einer Regierung, die in einen Krieg zieht und Probleme im eigenen Land ignoriert. Wie ein Bericht von der Front zerschneiden die Bläser die Melodie, die Harmonie und den tiefen dampfenden Funk-Groove. "What's Happening Brother" sperrt den Funk vom Inneren ab, wirft den Groove auf sich selbst zurück und spielt nicht nur Wut, sondern bietet auch ihr Echo in Gestalt von Bettye LaVettes Gesang, der die Wahrheit herauszuspeien wagt samt den Fragen und Beobachtungen voller Schmerzen einer Ich-Erzählerin. Das leichte Arrangement von "Flyin' High (In the Friendly Sky)" ist beinahe traurig, voller Sehnsucht nach einer unschuldigeren Zeit, gleichzeitig aufgrund dessen umso ergreifender. Die tiefen Eingeborenen-Trommeln im indianischen Mardi-Gras-Stil mit den heiseren Saxophonen, den kompakten Gitarren-Grooves und der schrillen Erzählung in "Save The Children" weichen der Sanftheit von Gaye's Melodie. Es ist ein verwirrtes Lied, traurig mit Unterströmungen der Wut. Ivan Nevilles Arrangement von "God Is Love" ist eine Wucht, voller erfindungsreicher Schattierungen und Farben und Gospel-Grooves.
G. Love hilft bei "Mercy Mercy Me (The Ecology)" aus, bei dem die Musikalität von Gayes Gesang verschwindet, aber von den Bläsern aufgeladen wird, und Loves Gesang klingt verworren, versetzt, unzeitgemäß gegenüber den Instrumenten. "Right On" ist sowohl militant als auch feierlich. Es steckt Funk drin, aber auch Gospel, Rock und tiefes Soul-Geschmetter der Posaunen und dem sich wiederholenden Riff der übrigen Blechbläser. Guru von Gang Starr sticht hervor aus der düsteren, geisterhaften Einleitung zu "Inner City Blues", bei der Higgins Schlagzeug Kirk Josephs tiefes bluesiges Sousaphon beim Bass kontrapunktiert. Überall Frustration und die Bläser zeigen mit dem Finger auf diese Wahrheit, die Guru erläutert: das alles heutzutage genauso ist wenn nicht noch heftiger als zu Gayes Zeiten. Die Trostlosigkeit in Gayes Text geht nicht verloren, sondern wird im weiteren Verlauf untermauert, so dass nur noch Gespenster bleiben von verausgegangenen Predigten und den Ermahnungen für diese neue Generation.
Nie hat Party-Musik so heftig geklungen, so total verdammend und hoffnungsvoll und ungebeugt. Das ist der nächste Schritt im Leichenzug, wo es um die Beerdigung eines Freundes geht; das ist das Nachspiel, der Klang erboster Wiederauferstehung, die mit der Sonne hervorkommt, etwas, das im Fernsehen gezeigt werden mag, aber aus dem Rand des Bildschirms hervorquillt und sich durch das Mittel bekannt macht, das von den Leuten verstanden wird, die seine Verwirklichung erleben müssen. Mit Killer-Grooves, die keine Gefangenen machen, ist "What's Goin' On" der passendste Tribut von Allen an Gaye, weil er nicht nur die Zeitlosigkeit der Musik selbst zeigt, sondern das widerpiegelt, was tatsächlich los ist (Gayes Einsatz für Detroit, als der Niedergang der Stadt Wirklichkeit wurde, mit Zuschauern, die keinerlei Interesse daran hatten, irgend etwas zu unternehmen), ist heutzutage noch wahrhaftiger als 1971.
The Dirty Dozen Brass Band mit Gastauftritten der Sänger Chuck D, Ivan Neville, G. Love, Guru und Bettye LaVette

Weitere Angaben:
Publikationsdatum: 2022-04-06 13:42:53

Tonträgertyp: 180g Vinyl, LP

The Dirty Dozen Brass Band - What’s Going On
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